Konzert-Review: Billy Talent

  • Boardmag
  • 03.03.2007


29 Am 21.2.07 war es soweit: Billy Talent, seit wenigen Jahren eine der festen Größen im Rockgeschäft, gaben sich die Ehre und spielten im Rahmen ihrer Europa/USA Tour auch in einem beschaulichen Städtchen namens Freiburg im Breisgau vor. Mit freundlicher Unterstützung des Veranstalters (Dank an Bernie von fkp scorpio!) war es mir möglich, noch spontan vorbei zu schauen und mir ein eigenes Bild von dem Hype, der momentan in Deutschland um diese Band abgeht, zu machen.


   Da alles sehr kurzfristig geplant worden war, kam ich leider erst zur zweiten Vorband, Alexisonfire - Fans von Enter Shikari, dem ersten Support, sei aber gesagt, dass die Jungs wohl eine gute Figur gemacht haben und noch den ganzen Monat März in Großbritannien rumtouren. Wer also nachreisen will, findet hier (www.entershikari.com) hilfreiche Tipps.

Als Support gebucht, versuchten Alexisonfire (www.theonlybandever.com), das Beste aus ihrer Situation zu machen und dem Publikum ordentlich mit ihrem Gemisch aus Hardcore und Melancholie einzuheizen. Stimmung kam dann auch vor allem vor der Bühne auf, wobei der Band trotz mehrfacher Aufforderung ein Circlepit verwehrt blieb.


31    Nach dieser wohldosierten Vorschau auf das, was noch kommen könnte, begannen die Bühnenarbeiten für den Mainact und meine ersten Negativerlebnisse. Da ich bereits auf dem Hurricane Festival im vergangenen Jahr Billy Talents Stimmungmache erleben durfte, wollte ich mir das Tanzspektakel vor der Bühne auch diesmal nicht entgehen lassen und kämpfte mich entschlossen nach vorne vor. Mein Weg wurde jedoch abrupt gestoppt, denn kluge Sicherheitstechniker hatten mit freundlicher Unterstützung polizeilicher Verordnungen einen Absperrungsring um den Bereich direkt vor der Bühne gezogen und ließen nur diejenigen hinein, die ein vorher ausgegebenes blaues Armband vorweisen konnten. Das konnte ich selbstverständlich nicht, wurden doch diese Bänder an die ersten vergeben, die das Gelände betreten hatten.

   Da Billy Talent aber nicht mehr nur noch in Clubs in und um Toronto spielt, handelte es sich um die Extremmosher, die vor der Bühne abgehen durften, größtenteils um 12-16 jährige Teenies, die bereits gegen 16.30 Uhr auf dem Gelände der Rothausarena ihr Zelt aufgeschlagen hatten. Ob es nun an der geringeren Durchschnittsmasse dieser „echten“ Fans gelegen hat oder aber an zu besorgten Stadtvätern/ grünen Männchen, jedenfalls war der extra abgsperrte Bereich vor der Bühne nicht im Geringsten gefüllt, es entstand vielmehr eine große Lücke zwischen Fans vor der Bühne und dem Rest der ungefähr 8000 Menschen hinter den Barrikaden, was dem ganzen ein wenig den Geschmack einer Zwei-Klassen-Gesellschaft verlieh. Nachdem ich meinen Frust an einer der Absperrungen ausgelassen und mir einen guten Platz hinter dieser verschafft hatte, starteten Billy Talent dann irgendwann mit dem Opener ihres ersten Albums, „This is how it goes“ und fürs erste war meine schlechte Laune verflogen, denn Billy Talent können etwas, was einem kein noch so enervierender Ordner nehmen kann: Sie treten Ärsche, und zwar viele, und das auf einmal, resultierend daraus eine 700-köpfige Gruppe vor der Bühne, die größtenteils rhythmisch mit dem Arm winkt und auf und ab springt, gefolgt von einer weitaus größeren Menge dahinter (in sicherem Abstand, obwohl das wahrscheinlich andersherum geplant worden war), die nicht nur auf und ab springt, sondern auch nach links und rechts und vorne und hinten.

 

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   Im weiteren Verlauf spielten die Jungs aus Kanada ein starkes Set, in dem sich eben genannte Arschtritt-Songs wie „This is how it goes“ oder „Fallen Leaves“ mit schunkeligen Balladen wie „This Suffering“ oder „Surrender“ abwechselten. Auffallend war dabei, dass vor allem die Songs aus dem ersten Album der Band, „Billy Talent“, für Stimmung sorgten, während die eher ruhigen und melodischeren Songs des zweiten Teils, „Billy Talent II“, vor allem für spitze Schreie sorgten, die man sonst eher beim Erscheinen von diversen minderjährigen und schlecht geschminkten Transvestiten mit schwarzem Kunsthaar zu hören bekommt.

   Insgesamt war die Stimmung großartig, an einigen Stellen war es so wild wie bei Punkkonzerten in Jugendzentren, zum Beispiel bei „River Below“, „Prisoners of today“ oder auch „Devil in a midnight mass“ und vor allem die Zugabe war mit der Gänsehaut-Ballade „Nothing to lose“ sowie dem aktuellem Ohrwurm „Red Flag“ perfekt abgestimmt. Das Set hat bei mir perönlich nur zwei Kritikpunkte hervorgerufen. Zum einen, dass die Band nur etwa 70 Minuten gespielt hat, die viel zu schnell vorbei waren, zum anderen, dass, wie schon beim Hurricane, wieder nicht der absolute Knaller vom ersten Album, „Voices of Violence“ gespielt wurde. Die Zeit wurde außerdem teilweise unnötig in die Länge gezogen, weil Sänger Ben die üblichen Geschichten erzählen musste, die sich manchmal wie auswendig gelernt anhörten und mir auch schon bekannt vorkamen.


   Im Resultat bleibt mir nun nur noch, ein insgesamt positives Urteil zu fällen, da Billy Talent einfach sehr gute Musik machen und trotz der Monotonie im Tour-Alltag immer noch wissen, wie man die Menge, ganz gleich, wie diese geartet ist, zum Kochen bringt. Und wenn man danach sein T-Shirt ausziehen muss, weil es zu verschwitzt ist und einem so gut wie jeder Muskel weh tut, dann muss es ein gutes Konzert gewesen sein, hat schon mein Großvater gesagt.


Infos zur Band unter www.billytalent.com oder www.billy-talent.de

Photos by Dustin Rabin





 

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