Interview: BORN FROM PAIN

  • Boardmag
  • 06.12.2006

Born From PainVor der Show mit Napalm Death in Freiburg führte ich mit Dominik (Gitarrist) von Born From Pain ein nettes Gespräch im gemütlichen Nightliner. Lest hier, was er von Kungfu-Pits, militanten Edgern und den Cardigans denkt...


1. Was bedeutet der Begriff Hardcore denn für Euch?


Das ist die Szene aus der wir kommen und in der wir weiterhin sehr aktiv sind. Wir selber bezeichnen uns bis heute als Hardcoreband, auch wenn wir oft und gerne als Metalcore bezeichnet werden. Eigentlich ist das ja auch okay, weil wir einen guten Anteil Metal in der Musik haben, aber vom ideologischen Sinne her gesehen, sind wir definitiv eine Hardcoreband.

2. Wann fing denn das bei Dir genau an mit dem Hardcore?

Bei mir persönlich ist das jetzt sicher schon mehr als 10 Jahre her. Mit 14 Jahren habe ich das erste Mal "Sick Of It All" und "Madball" gesehen und gehört. Dann geht man mit Freunden zu Konzerten und so entwickelt sich das alles. Irgendwann will man selber Musik machen und 10 Jahre später findet man sich dann auf Tour mit "Napalm Death" wieder. Das Tolle am Hardcore ist, dass die Szene relativ autark ist und nicht abhängig von grossen Plattenfirmen oder wie auch immer. Und auch Leute, die ein kleines Budget haben können mit wenig Geld viel erleben oder machen, was in meinen Augen ein sehr wichtiger Aspekt ist.

Born From Pain

3. In der Szene gehört aber auch eine Menge Idealismus dazu, weil kohletechnisch ja nicht so viel dabei rausspringt, wie viele immer denken oder?

Ja auf jeden Fall. Für's Geld macht man das nicht. Idealismus ist das richtige Wort dafür.

4. Wie war das denn bei dir, hat das Ganze nicht auch mit Punkrock angefangen?

Also bei mir war das Punkrock und Metal, beides zusammen.

5. Also warst du so ein Mofarocker, der sich die Haare hat lang wachsen lassen und mit Slayershirts rumgelaufen ist?

Haha...Naja nicht ganz. Ich hatte eine Vespa. Angefangen hat das bei mir schon mit 10 Jahren, da habe ich Punkrock gehört. Das war meist Deutschpunk damals. Aber auch Metal, sagen wir mal alles, was schön laut und schnell war und die Eltern geschockt hat und vor allem auch nicht im Radio kam.

6. Was hälst du von diesen Kung-Fu Moshpits, die momentan ziemlich in Mode gekommen sind?

Ja, das ist immer das grosse Thema. Also grundsätzlich freuen wir uns immer, wenn im Pit was geht und die Leute ihre Emotionen rauslassen. Bisher hatten wir aber den Eindruck, dass das bei uns okay ist. Viele Leute stehen härteren Pits kritisch gegenüber, aber ich sehen bei uns nie Verletzungen oder sonstwas. Bei einem Punk-Pogo-Pit hat man ja auch ständig eine Schulter im Gesicht hängen, das ist auch nicht so viel anders. Es kann ja auch passieren, dass man in der ersten Reihe steht, bei einem Open Air zum Beispiel, und dann von hinten so viel Druck kommt, dass die Rippen brechen. Das habe ich jetzt vom Wacken Open Air gehört, dass das dort passiert ist. Deswegen glaube ich, dass das Thema immer etwas hochgekocht wird. Ausserdem gibt’s ja die Möglichkeit, nicht mit dem Pit in Kontakt zu kommen, wenn man nicht will. Verletzungen gab es schon immer und wird es auch immer geben. Alleine schon beim Stagediven, wenn man da nicht gefangen wird oder blöd landet, kann es auch dumm laufen. Wir distanzieren und in dem Sinne also von nichts.

7. Und wenn ihr sehen würdet, dass militante Straight-Edger auf Leute losgehen die Bier trinken?

Also ich weiss nicht ob das ein Mythos ist, ich hab das noch nie gesehen. In Schweden war das aber angeblich auch mal populär. Aber ich denke, das sind eher so urbane Legenden, die sich aufspielen wollen. Es wird immer militante Veganer oder Straight Edger geben, also jeder soll das machen was er mag. Bei uns in der Band ist das auch ganz wild verteilt, es gibt eigentlich alles von Vegetariern über Fleischesser bis hin zu Edgern oder Nicht-Edgern. Aber wenn es wirklich solche militanten Edger geben sollte, dann ist das in meinen Augen völliger Schwachsinn. Die Leute die trinken wollen, sollen das tun. Beim Rauchen ist es was anderes. Das stört halt die, die nicht rauchen. Da kann ich es eher nachvollziehen, dass Nichtraucher das boykottieren. Aber wenn man freundlich fragt, sieht die Sache meist gleich viel besser aus. Mit Gewalt kann man ja sowieso nichts erreichen, genau wie bei der Pitsache. Leuten mutwillig auf die Fresse zu hauen ist kein Kavaliersdelikt. Das ist Quatsch!

Born From Pain

8. Als ich Euer neues Album "War" zum ersten Mal gehört habe, kam mir beim ersten Song sofort der Gedanke an "Unite" von THROWDOWN. War das Absicht oder reiner Zufall?

Nein gar nicht. Ich hab die Tage ein Review gelesen, das war vielleicht von dir (Ja es war von mir). Da stand das auch drin und ich musste lachen. Weil mir dann erst aufgefallen ist, dass das ja stimmt. Es ist ziemlich ähnlich, damit hast du vollkommen recht. Aber das ist wirklich reiner Zufall. THROWDOWN sind eine supercoole Band!

9. Ihr seid ja eigentlich so Non-Stop auf Tour. Wie verkraftet man das, fast nie zuhause zu sein?

Es ist auf jeden Fall anstrengend, aber es macht halt auch viel Spaß. Gerade auch so eine Tour wie die jetzt mit "Napalm Death" ist der Hammer. Wie haben jeden Tag super Shows und die Clubs sind voll, selbst unter der Woche. Die 45 Minuten, die man dann auf der Bühne steht sind der Grund, weshalb man das alles auf sich nimmt. So ne Nightliner-Tour wie diese macht vieles leichter. Man kann ausgeschlafen in den Tag gehen und braucht nicht selber zu fahren etc. Heute sind wir ganz gechillt durch Freiburg gelaufen. Das ist dann alles nicht mehr anstrengend. Nur dass man nicht zuhause ist, ist belastend auf Dauer. Man wär schon manchmal lieber bei der Freundin. Aber wir wissen ja wofür wir das machen und sind auch gerne auf Tour.

10. Das letzte Album "In Love With The End" war schon ziemlich düster. Aber das neue Album ist noch eine Ecke derber geworden wie ich finde. Wie siehst du das?

Ja das stimmt. Das neue ist noch eine Ecke düsterer geworden. Alleine schon das Thema, also "War", hat ja was Dunkles an sich. Das Konzept der Platte geht Hand in Hand mit den Texten und der Musik. Düster ist bestimmt das richtige Wort. Auch bei "In Love With The End" war schon ein gehöriger Metalanteil mit drauf. Ich kann das selber schwer beurteilen, ob die neue noch metallastiger ist. Wir haben aber versucht, "War" dynamischer zu gestalten und wieder schnellere Songs einzubauen. Also für mich ist das eher ein punkiger Einfluss von der Geschwindigkeit her. Aber jemand anders würde vielleicht sagen, dass das wie SLAYER klingt, weil er das Tempo von denen kennt. Born From Pain hatte schon von Anfang an einen grossen Metalanteil. Wir versuchen, das immer zu perfektionieren und noch intensiver zu gestalten.

11. Ich finde vor allem, dass das neue Werk "War" noch viel druckvoller ist als der Vorgänger.

Das kann auch mit der Produktion zusammenhängen. Wir haben wieder im gleichen Studio mit Tue Madsen gearbeitet und diesmal alles noch mehr darauf fokussiert, dass der BFP-Livesound mit auf die Platte kommt, weil BFP für druckvolle Livesongs steht.

12. Die Platte heisst "War". Das hat aber wahrscheinlich keinen so direkten Bezug zu dem bewaffneten Krieg, sondern spielt eher auf den Krieg mit sich selber an oder?

Sowohl als auch. Klar das Gesamtkonzept der Platte ist "War". Es spiegelt wie du sagst den Krieg mit sich selber wieder, aber auch den bewaffneten Krieg. "Crusader" ist ein Song, der sich mit religiösen Kriegen befasst, also Kriege mit Waffen, aber es ist keine Verherrlichung oder so. Wir setzen uns mit dem Thema Krieg kritisch auseinander. Das spiegelt sich in den Texten wieder, die Missstände aufzeigen, weil die Welt sich heutzutage wirklich so anfühlt, als könnte sie jede Sekunde explodieren. Das wissen wir alle. Dafür braucht man den Fernseher nichtmal einschalten. Das nimmt einem die Hoffnung, nicht nur auf globalem Level, sondern auch bei uns vor der eigenen Haustür scheinen wir von der Politik, vom Land und vom Bund verlassen zu werden. Es fühlt sich so an, als ob es tagtäglich schwieriger wird  für sich selber klarzukommen und für die Familie zu sorgen. Und genau damit setzt sich "War" auseinander. Wir wollen die Missstände aufzeigen, Hoffnung machen und Mut geben, weil selbst eine kleine Veränderung viel bewegen kann. Man sollte den Kampf also nicht aufgeben. Es lohnt sich immer. Die Welt kann man nicht verändern, aber man muss seine eigene Welt und die Welt um sich herum verbessern.

13. Der achte Song beginnt mit dem Text "Love is war". Wobei Liebe ja eigentlich nicht unbedingt in Krieg ausarten sollte.

(grinst)...Ja das ist eine gute Frage. Liebe kann ja schon manchmal richtig Krieg sein. Sicherlich! Wer schonmal in einer Beziehung gelebt hat, weiß das.

14. In der Mitte des Albums ist ein ruhigeres Instrumentalstück eingebaut, das den Namen "The War Is On" trägt. Was soll das beim Hörer bewirken?

Es ist eine Stelle, wo die Platte ein bisschen runterkommt, aber der Track ist trotz allem recht aggressiv gehalten. Der Krieg wird auch hier weitergeführt. An dem Punkt ist sozusagen Waffenstillstand und danach geht’s wieder weiter. Der rote Faden zieht sich durch die vorhandene Aggressivität weiter durch, es fehlt nur der Gesang der drüberliegt. Und direkt danach kommt dann "Love is war"...lacht...

15. Ihr habt einige Gäste eingeladen, bei Eurem neuen Werk mitzuwirken. Wie kam das zustande?

Wir kennen die Jungs von Touren oder wir sind schon länger mit denen befreundet. Einer von ihnen sitzt da vorne (zeigt auf den Sänger von Napalm Death). Wir teilen uns ja mit den Jungs von Napalm Death den Bus und es sind gute Freunde geworden. Unser Schlagzeuger kennt Chris von Gorefest gut, der hat dann von sich aus gesagt, dass er bei der neuen Platte mitmachen würde. Wir mögen die Leute alle und auch die Bands in denen sie spielen, deswegen haben wir uns gefreut, dass sie bei "War" mitgewirkt haben. Für uns ist das eine Ehre, dass die gleich alle zugestimmt haben. Scott von Terror sollte auch noch dabeisein, aber das hat leider nicht mehr geklappt bis zur Deadline.

16. Der Pepe von Hatesphere spielt ein ziemlich krasses Metal-Gitarrensolo im Song "Scorched Earth". Ich finde noch mehr Metal würde BFP gar nicht schlecht stehen. Wie siehst du denn das?

Haha...Also Pepe ist ein hervorragender Gitarrist. Das ist mal was anderes, als einen Gastsänger zu haben. Pepe hat sein ganz eigenes Händchen für sowas. Es kann sein, dass uns mehr Metal auch gut stehen würde, aber wir sind nunmal eine Hardcoreband. Ich denke, dass mit der neuen Platte jetzt ziemlich klar ist, was der BFP-Sound beinhaltet. Eine gute Basis an Hardcore mit metallischen Einflüssen. Wir wollen auf keinen Fall zur Metalband mutieren. Die Band gibt es jetzt seit 10 Jahren und wir haben in dieser Zeit eine eigene Identität aufgebaut. Das Image einer Lederjacken tragenden Metalband würde uns nicht so gut stehen denke ich (lacht) und abnehmen würde uns das auch keiner. Wir lieben alle Metal, genauso wie Punkrock, Hardcore und andere Sachen. Ich glaube die Leuten schätzen Bands viel eher, die zu sich selbst stehen und nicht nach jedem Trend gehen. Das können wir aus dem Feedback der Leute immer wieder deutlich raushören. Man muss das machen, was einem selber am besten gefällt und nach seinem Herzen gehen.

17. Welches Ziel habt ihr mit dem neuen Werk vor Augen?


Das ist eine gute Frage. Es soll uns auf jeden Falls auf das nächste Level pushen. Und zwar sozusagen, dass wir auf internationaler Ebene (vor allem in den USA) noch mehr durchstarten können. In den USA werden wir in Zukunft auch verstärkt touren. Wir haben also nicht daran gedacht, das Album so zu gestalten, dass wir mehr Platten verkaufen oder so. Darum geht es nicht und die Undergroundszene ist dafür sowieso zu klein. Wir wollen mit "War" ja nicht bei "Top of the Pops" bei RTL auftreten oder so (lacht). Wobei es echt mal lustig wär...
Also das Album soll ein Schritt nach vorne sein und dann sehen wir einfach, wie die Leute darauf reagieren. Wir sind super zufrieden damit. Und zumindest sind auch die Reaktionen darauf bisher echt super ausgefallen.

18. Ihr seid ja jetzt bei Metalblade Records. Wie sieht das denn für Euch nun mit den Verpflichtungen aus?

Es geht eigentlich. Die Leute, die bei Metalblade arbeiten sind seit Jahrzehnten mit Herzblut dabei und kennen die Musik. Die wissen, worum es beim Hardcore und Metal geht und machen das, worauf sie Lust haben. Klar hat jedes Label gewisse finanzielle Grenzen, aber wir wissen sicher, dass die uns gesignt haben, weil sie die Musik zu 100% cool finden. Daher fühlt es sich gar nicht an wie eine vertragliche Verpflichtung. Das geht Hand in Hand und wir gehen ja auch gerne auf Tour. Deswegen kommt da eh viel Initiative von uns und wir geben fast immer 120%. Das ist ja auch kein Majorlabel, das einem Vorgaben machen will. Das ist bei Metalblade echt super und das Vertrauen kommt genauso zurück. Für das neue Album haben sie sich voll den Arm ausgerenkt und es ist wirklich klasse, was die Jungs für uns machen.

19. Was war denn die beste Show ever für Euch?


Jetzt auf dieser Tour hatten wir eine unglaubliche Show in Prag. Der Club war mit über 700 Leuten total überfüllt und die Leuten gingen ab ohne Ende. Vom Wacken Open Air war ich sehr positiv überrascht. Weil wir da nicht so sicher waren, was uns erwartet, weil das ja eigentlich ein Metalfestival ist. Die Show war aber überwältigend, obwohl wir schon mittags um 13.00 Uhr gespielt haben. Shows, die den Funken überspringen lassen sind immer der Hammer, das waren aber auch schon einige bisher. Auf dieser Tour hatten wir eigentlich bisher auch nur gute Shows.

20. PETA2 haben ja erst vor kurzem einen Bericht über Euch gemacht. Wie kam das denn zustande?

Drei von uns fünf Jungs sind überzeugte Vegetarier. Ich selber nicht, deswegen kann ich dazu nicht so viel sagen, denn wer Fleisch isst, sollte lieber die Klappe zu dem Thema halten. Pelze tragen ist auf jeden Fall extrem beschissen, soviel dazu.

21. Welche Musik hörst du grad selber gerne?

Heute hab ich mir die neue Converge gekauft. Die find ich sehr gut. Die hat mich voll umgehauen. Oder auch die Cardigans, Queen oder Led Zeppelin. Also lieber eher was Ruhiges als Kontrastprogramm.

20. Danke für das Interview und weiterhin viel Erfolg für Euch.

Besten Dank auch an Dich.

"Born From Pain Website": www.bornfrompain.com
"Metalblade Records": www.metalblade.de