Bali – Hello my friend!

  • Boardmag
  • 17.10.2005

Bericht und Bilder von Gianni Enzo Varnaccia

Gerade bin ich schon wieder eine dieser einfach perfekten Wellen gesurft. Gar nicht enden wollte sie. Ein gemütlicher Take Off, dann eine schnelle und steile Passage, und schließlich eine rasante Endsection, die mit einer schönen Tube endete. Das Wasser ist klarer als klar und wärmer als… Meine Arme rebellieren schon als ich nur daran denke mich noch einmal auf den Weg ins Line Up zu machen. Warum müssen diese Wellen hier bloß so verdammt lang sein. Hat denn keiner daran gedacht, dass man den ganzen Weg wieder zurück paddeln muss? Aber was soll´s, gehört halt einfach dazu. Zug um Zug nähere ich mich wieder dem Line Up, das im Übrigen ziemlich überschaubar ist.


Padang Padang

Draußen baut sich schon wieder das nächste Set auf und rollt unaufhaltsam auf das Riff zu. Bis hinter die Brechlinie werde ich es wohl nicht mehr schaffen, aber vielleicht komm ich ja noch durch die ersten paar Wellen. Jetzt die letzten Ressourcen mobilisieren und noch einmal Geschwindigkeit aufbauen. Die Erste ist geschafft. Wieder ein paar Armzüge, ein Duck Dive, und die Zweite ist gemeistert. Dann kommt die Dritte, schlägt genau vor mir ein, und schickt mich in den Waschgang. Wo oben und unten ist weiß ich nicht mehr. Als ich mit einer kolossalen Kraft aufs Riff gedrückt werde, fällt es mir wieder ein. Als das Riff mich wieder loslässt merke ich auf einmal dass meine Hose nass geworden ist. Meine Hose ist nass? Was stört mich daran? Schließlich ist sind Hosen beim Surfen immer nass. Aber irgendetwas stimmt nicht. Während die Welle mich noch schleudert, wie einen Socken in der Waschmaschine, reiße ich panisch meine Augen auf. Was ich sehe passt so gar nicht zu dem was ich erwartet hatte. Kein Wasser, kein Meer, kein Strand. Vor mir nur ein einziges Tablett, dass unruhig auf und ab springt wie ein Pferd beim Rodeo. Das Hauptgericht, verteilt am Boden, der Nachtisch auf dem Weg dorthin, und das Getränk verschüttet über meine Short. Das Tablett zittert immer noch, als plötzlich eine Stimme ertönt: „Meine Damen und Herren, die Turbulenzen liegen hinter uns. Noch 30 Minuten bis zur Landung in Denpasar, Bali International Airport. Die Außentemperatur beträgt 28°C. Die Sonne scheint.“


Balinesisches Surfmobil

Im Traum habe ich sie also schon gesurft, die Wellen, für die Tausende um die halbe Welt fliegen und ihr hart Gespartes opfern. Bis auf den unangenehmen Waschgang, spiegelte mein - hoffentlich visionärer - Traum aber eigentlich meine Erwartungen an die kommenden vier Wochen wieder: viele perfekte Wellen, leere Line Ups, warmes, sauberes Wasser, und natürlich eine Menge Sonnenschein. Schließlich gehört Bali ja wohl zu den bekanntesten Surfrevieren der Welt. Da darf man doch solche Erwartungen haben, oder etwa nicht? Im Moment habe ich aber noch nicht einmal indonesischen Boden betreten, geschweige denn das Meer gesehen. Nach 36 fantastisch unterhaltsamen Stunden, und gut 6000 Meilen um den Globus, bin ich jetzt nur noch ein paar Augenblicke davon entfernt, mein Ziel zu erreichen. Aus den Flugzeugfenstern kann man während des Landeanflugs schon die ersten beiden Spots erkennen – Airports Right und Left. Gerade gelandet, machte ich mich gleich auf den Weg ins nahe gelegene Kuta, dem surftouristischen Magneten der Insel. Der dortige Beachbreak begrüßte mich gleich herzlich mit einer wunderschönen, ca. 6 Fuß hohen, Closeoutwelle. Eine Abendsession kommt also nicht mehr in Frage. Stattdessen habe ich dann nach einer Unterkunft gesucht und die Stadt ausgecheckt. Die ersten Tage waren in Kuta surftechnisch nicht so von Brillanz geprägt, was mich rasch veranlasste diesen supertouristischen Ort zu verlassen, um zu anderen, besseren Spots aufzubrechen. Ich war mir sicher, dass diese Insel noch mehr zu bieten hat als diesen australischen Ballermann. Auf meinem frisch angemieteten 125er Roller startete ich Richtung Uluwatu.


Bingin

Erste Station war Bingin, welches zwischen den bekannteren Spots Dreamland und Impossibles liegt. Genau so etwas wie hier hatte ich mir unter Bali vorgestellt: drei verschiedene Weltklasse Spots nebeneinander, die mit der Landschaft zusammen ein Postkartenbild vom Feinsten ergaben. Mit zehn Leuten schien der Line Up in Bingin auch nicht zu voll, und so schickte ich mich, endlich ins Wasser zu kommen. Wie viel Stress zehn Leute an einem Take Off wie Bingin bedeuten können, wurde mir dann innerhalb der nächsten drei Stunden bewusst. Doch wenn man mal eine Welle abbekam, wurde einem schnell klar warum sich zehn Surfer den Stress antun, in einer zwei Meter Take Off Zone um die Wellen zu kämpfen.


Impossibles

Mit Bingin hatte ich gefunden, wonach ich gesucht hatte. Tag für Tag bauten sich hier Wellen mit einer Konstanz auf, die ich bis dahin nur selten erlebt habe. Wurde es im Wasser zu voll, nahm ich mein Board und paddelte rüber nach Dreamland, wo sich die Massen besser verteilten. Als mit der Zeit immer mehr Surfer auftauchten, beschloss ich ins ca. 60 km nördlich liegende Medewi zu fahren.


Strandhaus in Medewi

Den Rucksack geschultert, das Board festgeschnallt und den Roller vollgetankt, machte ich mich auf den Weg. Hätte ich mir vorher eine Karte besorgt, wäre ich wohl nur halb so lang unterwegs gewesen. Die Massen an LKWs, Taxis und anderen Rollerkollegen hätten diese Tour aber so oder so zu einem unvergesslichem Erlebnis gemacht. Den Ruß der der Lastwagen noch in den Bronchien sitzend und mit einem, durch etliche brenzlige Situationen hochgetriebenen Puls, erreichte ich nach vier endlosen Stunden endlich das gelobte Land – Medewi.


Sunrise in Medewi

Eine schöne Abendsession an Balis längster Left war sogar auch noch drin. Dass die etwas trübe, bräunliche Farbe des Wasser, die mich gleich am Anfang ein bisschen verwunderte, in direktem Zusammenhang mit dem Nichtvorhandensein einer Kläranlage steht, erfuhr ich Gott sei Dank erst an meinem letzten Tag in Medewi. Abgesehen davon haben sich die Strapazen des Hinwegs auf jeden Fall gelohnt. Die Atmosphäre ist, im Gegensatz zu vielen anderen Teilen Balis, echt entspannt. Essen und Unterkunft sind gut und preiswert, und der Surf geht auch in Ordnung. Wenn gleich die längste Welle der Insel nicht gerade auch die schnellste ist.


Spot Check in Padang Padang

Des Weiteren kann man auf dem Weg dorthin auch noch den Spot Balian mitnehmen, oder sich aber auf die Suche nach einem eigenen „Secret Spot“ machen. Denn wenn es auf Bali noch unentdeckte Buchten gibt, dann mit Sicherheit in dieser Gegend. Während der vier Tage in Medewi nahm die Wellenhöhe konstant ab. Als sie schließlich das Niveau eines massiven Badeseeswells erreichte, bedeutete das, Sachen packen und weg hier. Nach einer Nacht in Kuta fuhr ich nach Sanur um dort eine Fähre nach Nusa Lembongan zu nehmen.


Fahrt nach Lembongan


Volles Boot auf hoher See.

Nachdem ich zunächst der Meinung war, dass man mir dort nur maßlos überteuerte Tickets andrehen wollte, verbrachte ich eine Nacht in einem mückenverseuchten Hotel, um am nächsten Morgen das Boot mit dem „korrekten“ Preis zu finden. Die ganze Aktion war übrigens recht sinnlos, da dieses „günstige“ Boot einfach nicht existiert. Also nicht alles glauben was euch redselige Touristen abends an der Strandbar, bei einem Bintangbier, überzeugend erzählen wollen. Nach diesem unglücklichen Zwischenstopp ging es dann am nächsten Morgen endlich an Bord eines dieser windigen Fischerboote.


Lembongan

Nach zwei Stunden Fahrt über einen der tiefsten Gräben im Ozean, legten wir auf Lembongan Island an. Die Bucht in der wir ankamen, glich jenen, die einen in unzähligen Reiseprospekten dazu einladen, einen Pauschalurlaub auf einer einsamen Insel zu buchen. Mit dem feinen Unterschied, dass hier keine riesigen Hotelanlagen zu sehen sind, sondern nur kleine, höchstens zweistöckige, Strohhütten. Die Kulisse schien gerade zu perfekt für einen Becks- oder Bacardiwerbespot: Palmen auf weißem Sand, kristallklares Wasser, strahlende Sonne und diese, bunt angemalten, traditionellen Fischerbote.


Lembongan Island

Und wer das Meer etwas genauer betrachtete, konnte die drei bekanntesten Surfspots der Insel erkennen. Auf der rechten Seite Shipwrecks, ein gutes Stück weiter links Lacerations und links daneben Playgrounds. Als ich noch am selben Tag bei Playgrounds ins Line Up paddelte, merkte ich jedoch schnell, dass die Insel gar nicht so verlassen ist, wie sie zunächst schien.


Playgrounds

Gut 30 Leute tummelten sich dort im Wasser. Wellen für mich allein glaubte ich schon gar nicht mehr zu finden. Neben dem Surfen, das durch einen ungünstigen Tidenstand, sowie durch die kurzen Tage, zeitlich limitiert war, ging auf der Insel nicht besonders viel. Als Folge daraus machte ich es mir zur Aufgabe, auf der Suche nach dem perfektem Nasi Goreng, jedem Lokal auf der Insel einen Besuch abzustatten. Willkommen war auch die Einladung meines Wirtes, seine heilige Kuh zu besuchen und ein paar Kokosnüsse zu ernten. Nach vier Tagen schien das Freizeitangebot ausgeschöpft, und ich beschloss die Insel wieder zu verlassen. Auf Bali hatte ich schließlich noch nicht alles gesehen. Was ich mir auf keinen Fall entgehen lassen wollte, war Balangan - anscheinend die schnellste Welle der Insel.


Balangan

Dort auf dem Parkplatz angekommen, konnte ich schon einen Blick auf die Welle durch die Palmengipfel erhaschen. Was ich sah beschleunigte meinen Gang rapide. Nur eine Hand voll Leute im Wasser, und eine Welle die so schnell war dass nur die wenigsten sie durchsurfen konnten. Trotzdem schien sie machbar und einen Versuch wert. Im Laufe der Tage wurde sie zu meiner persönlichen Lieblingswelle. Trotz der unmittelbaren Nähe zu den anderen bekannten Spots, tauchten nie besonders viele Surfer in Balangan auf. Wird einem das Wasser zu flach kann man z.B. einfach zu Fuß nach Dreamland marschieren. Mit Balangan hatte ich inzwischen eigentlich die meisten Spots gesehen, und der Abflugtermin rückte auch schon immer näher. Für die letzten Tage beschloss ich noch einmal hoch nach Medewi zu fahren – diesmal mit Plan.


On the road again...

Am vorletzten Tag wurde ich von zwei Locals eingeladen, mit ihnen zu einem Spot zu fahren, den nur sie kennen würden. Dies ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Nach Sonnenaufgang fuhren wir eine halbe Stunde Richtung Süden, wanderten zehn Minuten durch den Dschungel und paddelten gute 200 Meter hinaus, zu einem sauber laufenden Right. Nachdem ich schon die meisten bekannten Spots auf der Insel gesehen hatte, war dieser letzte Tag an diesem „Secret Spot“ der krönende Abschluss für meinen ersten Balitrip.


Uluwatu an einem miserablen Tag

Bali ist tatsächlich eine besondere Insel. Die Anzahl der weltklasse Spots auf so vergleichsweise wenig Raum, ist einfach einzigartig. Auch wenn die Wellenausbeute durch volle Line Ups, kurze Tage und teils ungünstige Tiden oft recht mager gewesen ist, waren es stets einzigartige Wellen, die wir hier auf unserem Kontinent, sicher vergeblich suchen werden.


Sunset in Lembongan

 

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