Le Püsh - Halbzeit 07.08.2013

  • Boardmag
  • 08.08.2013

halbzeit

 

Nach längerer Funkstille melden wir uns zurück, mitten aus dem Herzen Frankreichs: aus Montluçon. Zieht man zwei Diagonalen durch Frankreich, treffen sich die beiden etwa an dem Tisch in dem kleinen Hotelzimmer, in dem ich gerade an meinem Netbook sitze. „Sieht voll nach Business aus!“, ruft Simon und verschwindet dann wieder in seinem iPhone. Wir sind wohlgenährt von Döner und Pommes, haben warm geduscht und ein Bierchen in der Bar eines Longboarders Montluçons getrunken. Wie es dazu kam ist eine lange Geschichte – es erfolgt ein kurzer Rückblick...

 

ein kritischer blick auf die vergangenen tage und das, was noch kommt..

 

Nach dem letzten Artikel verlassen wir Dole viel zu spät und mit schwer bepackten Rucksäcken. Nachdem wir uns entschlossen hatten, dem Radwanderweg weiter zu folgen und nicht wussten wo wir den nächsten Supermarkt finden würden, mussten wir uns für die kommenden zwei Tage mit Versorgung ausrüsten. Außerdem ist Regen angekündigt und so pushen wir aus den Toren der – zumindest mir einigermaßen vertrauten – Stadt teils abenteuerlustig gespannt, aber auch etwas besorgt.

Der gute Teer bleibt uns zunächst treu, doch bereits nach 15 Kilometern endet unsere bisherige Glückssträhne. Erst eine Umleitung über die Autostraße und dann plötzlich, irgendwo im nirgendwo am Rhein-Rôhne-Kanal: Fin de la Route! (zu deutsch: Ende Gelände!). Der fein geteerte Radweg endet in einem 6 Kilometer langen Feldweg. Keine Wahl für uns: in der prallen Mittagssonne geht es zu Fuß weiter, die Bretter auf dem Rücken und die Motivation gleich null.

 

es muss stets weitergehen, auch zu fuß..

 

Erneutes Umplanen ist gefragt und dank Googlemaps ist auch schnell eine Ersatzroute über kleine Landstraßen gefunden. Am westlichen Horizont zeichnet sich bereits die sich nahende Gewitterfront ab und wir kämpfen uns auf grobem Teer und in fast unerträglicher Schwüle unserem neuen Tagesziel Chalon-sur-Saône entgegen. Der Mittag hatte uns gezeigt, dass uns der Radweg eher ausbremst und so sind wir doch zur ursprünglichen Route zurückgekehrt.

 

in der nachmittäglichen schwüle kämpfen wir uns auf landstraßen richtung chalon-sur-saône..

 

Am frühen Abend erreichen wir das Flussufer in Chalon und nehmen mit den letzten Regentropfen eines vorbeiziehenden Gewitters unser Abendessen unter einer Brücke ein. Zum Glück stehen am Ufer mitten in der Stadt eine Menge Fischer mit Zelten, so können wir uns dazwischen als Angler tarnen. Die sternenklare Nacht lässt auf morgen hoffen, doch kaum ist am Morgen das Zelt abgebaut und der Kaffee getrunken, beginnt es aus allen Kübeln zu schütten. Beim Frühstück in der Stadt diskutieren wir über Plan B, als der Himmel aufklart und die Straßen fix trocken. Weiter soll es gehen, immer weiter. Doch noch in der Agglomeration Chalons kommt uns der nächste Schauer entgegen und wir suchen Zuflucht in einem Carrefour.

 

aufbruchstimmung in chalon..

 

Was nun? Zuerst die Hitze, die es uns unmöglich gemacht hat unser Tagespensum täglich zu erfüllen, jetzt der Regen.. Wir hinken dem „Zeitplan“ bereits mehrere Kilometern hinterher und wollten heute eigentlich ein ordentliches Stück Richtung Berge vorankommen..

Wir entscheiden uns den Regentag zu nutzen und per Anhalter ein paar Kilometer gut zu machen. Wie es nun mal so ist, kann man sich als Hitchhiker seine Fahrer nicht aussuchen und der Einzige, der bereit ist uns ein Stück mit zu nehmen, ist Josef, ein LKW-Fahrer aus Tschechien. Er erklärt in gebrochenem tschech-denglisch, dass er aber nicht nach 50 Kilometern wieder anhalten kann und dass er bis kurz vor Montluçon fährt! Das sind fast 200 Kilometer und würde uns stark von unserer ursprünglichen Route abbringen. Andererseits bedeutet so ein großer Satz aber auch, das schlechte Wetter schneller hinter uns zu lassen und das Massif Central von Norden her anzugreifen.

 

"faire le stop" nennt der franzose das reisen per anhalter.. so war das nicht geplant!

 

Spontan und realistisch wie wir sind, springen wir in Josefs LKW-Paradies. Hifi vom Feinsten, kalte Cola und Musik. Für uns beide ist das die erste Brummifahrt und es ist spannend so hoch über der Straße zu reisen. Eine Kommunikation mit Josef ist fast unmöglich, trotzdem wird viel gelacht. 20 Kilometer vor Montluçon ist für Josef Schichtende und er freut sich sichtlich darüber. Wenn wir wollen, sagt er, können wir morgen früh wieder mit ihm weiter, schließlich wollen wir ja nach Bordeaux. Ja, aber (eigentlich) mit den Brettern erklären wir und verabschieden uns von einer interessanten Begegnung.

 

Also auf nach Montluçon, hier ist das Wetter besser und der frühe Abend noch sehr warm. Wir wursteln uns weg von der Autobahn, vorbei an Bauernhöfen und durch niedliche Örtchen. Es geht fast stetig bergab und wir finden tolle Downhills mit idealem Teer. Da ist es wieder, das Gefühl der Freude und der Freiheit! Sogar die Sonne ist lässt sich blicken, es macht einfach Spaß.

 

kings of the road..

 

Kurz vor der letzten Abfahrt, die ich aus zahlreichen Frankreichreisen bestens kenne, schlagen wir unser Zelt windgeschützt zwischen Heuballen auf. Beim Abendessen beobachten wir schweigend das Wetterleuchten am Horizont und überlegen uns was wir tun, wenn es anfängt zu gewittern - außerdem haben wir kein Wasser mehr.

 

Kaum liegen wir in den Schlafsäcken bricht über uns die Hölle los. Zum Glück sind wir vorbereitet. Wir stopfen die Schlafsachen in die Rucksäcke, lassen Zelt und Geschirr einfach liegen und stürmen Richtung Bushaltestelle. Noch sind wir fast trocken, noch ist alles fast okay. Doch dem ersten Gewitter folgen weitere vier oder fünf und die Haltestelle hält dieser Gewalt kaum stand. Simon, der sich auf dem Boden in Plane und Schlafsack gewickelt hat, erwacht mitten in einem Sturzbach und ich bin heilfroh, dass ich zwei Pullover und eine Regenjacke dabei habe.

 

unser nächtliches camp in der bushaltestelle..

 

So harren wir durchnässt und frierend mehrere Stunden aus und warten auf das Tageslicht. In der Dämmerung baue ich das Zelt ab, während Simon auf das Gepäck und die Boards aufpasst. Das Zelt steht zwar noch, doch innen stehen ganze Pfützen und die Isomatten sind völlig durchnässt. Auf den nassen Downhill verzichten wir lieber und trampen die 2 Kilometer in die Stadt. In einem süßen Café machen wir eine Schadensanalyse. Zelt und Isomatten: nass. Der Großteil der Ausrüstung und Kleidung: nass. Unsere Boards: nass. Die Straßen: nass. Unsere einzige realistische Möglichkeit ist es, uns ein lowbudget Hotelzimmer zu suchen, die Ausrüstung zu trocknen und uns mit warmen duschen und einem weichen Bett von der schrecklichen Nacht zu erholen.

 

jacques freut sich über longboarderbesuch aus dem ausland..

 

Am Nachmittag treffen wir beim shooten in der Stadt den zweiten Longboarder seit der Abreise aus Freiburg. Jacques erzählt uns, dass es hier nur drei oder vier Longboarder gibt und er führt uns zu einem kleinen Skatepark am Fluss, wo wir uns ein bisschen austoben und mit Jacques abhängen. Eben haben wir noch seinen großen Bruder „Pilou“ in seiner Bar besucht. Er war sichtlich gestoked fremde Longboarder zu treffen und hat uns erst mal ein Bier ausgegeben. Gerne wollte er uns morgen die Downhills in der Umgebung zeigen, aber er versteht auch, dass wir weiter wollen. Wir versprechen wieder zu kommen und tauschen Kontakte.

 

eine zeit des nachdenkens, des umplanens und der neuorganisation..

 

Nach einer Woche on Tour haben sich die Karten für uns neu gemischt. Durch die Verstrickungen der Erlebnisse der vergangenen Tage, hat sich für uns eine neue Route ergeben und wir pushen von Montluçon Richtung Südwesten, um möglichst bald an die Dordogne zu stoßen. Der Wetterbericht lässt hoffen, dass uns eine weitere Erfahrung wie die der letzten Nacht erspart bleibt und wir starten morgen gut erholt und mit vollen Batterien durch!

 

Alors, on püsh!

 


impressionen von unterwegs..

 

Nachtrag 08.08.2013:

Wir sitzen fest in Montluçon! Da es heute immer noch regnet und auch nicht so aussieht als ob es heute nochmal aufhört, haben wir uns entschlossen eine weitere Nacht in Montluçon zu bleiben und auf morgen zu warten..

 

 

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