Review: Turbonegro in Bielefeld!

  • Boardmag
  • 08.12.2007


Am Samstag den 01.12.2007 lud eine der wohl skandalkräftigsten Bands zu einem kleinen
Stelldichein in Bielefelds Ringlokschuppen! Wenn ich hier schon, Veranstalter bedingt, ohne Fotos an den Start gehe, versuche ich mich mal direkt an einem kleinen Turbonegro-Rundumschlag:

Die Jungs fanden im Jahre 1988 im norwegischen Oslo erstmals den Weg zueinander! Von der ursprünglichen Besetzung sind bis heute nur noch der Mann am Bass - Happy Tom - und Pal Pot Pamparius an der Gitarre übrig geblieben. Nach 10-jährigem Bestehen löste sich die Band im Jahre 1998 aufgrund von Drogenproblemen des Frontmans „Hank von Helvete“ auf, bevor sie sich 2002 wieder vereinigten und seitdem ordentlich Gas geben! Alleine mit der Geschichte zur Entstehung des Bandnamens und der „Turbojugend“ könnte man schon ein halbes Buch füllen. Die Band spielte zunächst mit dem Gedanken, sich „Nazipenis“ zu nennen, woraus allerdings aufgrund der Befürchtung, dass der Bandname die Verkaufszahlen ihrer Platten nicht gerade fördert, nichts wurde, sodass die Jungs zunächst unter dem Namen „Stierkampf“ auftraten.

Warum gerade dieser Name trotzdem mit der rechten Szene in Verbindung gebracht wurde, bleibt mir ein Rätsel. Zu ihrem aktuellen Bandnamen Turbonegro, der übrigens in Norwegen in Turboneger umgewandelt wird , sagte Gründungsmitglied Thomas Seltzer folgendes: „Ein Turboneger ist ein großer, gut bestückter, bewaffneter, männlicher Schwarzer in einem schnellen Auto, aus auf Rache. Wir sind seine Propheten.“ Nach eigenen Aussagen ist das erklärte Ziel der Band, dem Nationalsozialismus und Rassismus durch gekonnte Provokation entgegenzuwirken. Das die Jungs provozieren können haben sie allemal durch die Darstellung von Adolf Hitler mit Down-Syndrom auf dem Cover der Single „Bad Mongo“, oder durch ihr bewusst homosexuelles Verhalten gezeigt. Glaubt man Hank, so ist jedoch keiner der Bandmitglieder wirklich schwul, sodass das Verhalten schlicht und einfach als Scharfschuss und Provokation in Richtung der heutigen Hardrock-Szene und nicht etwa als Diskriminierung Homosexueller zu verstehen ist! Nach einer solchen Bandgeschichte sollte man eigentlich einen skandalösen Auftritt in Richtung der Bloodhound-Gang erwarten, doch es kam alles ein bisschen anders:

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Um ziemlich genau 20.15 Uhr, also passend zur Primetime, betraten Hank und Co. die Bühne des Bielefelder Ringlokschuppens und feuerten mit „All my friends are dead“ ihren ersten Track in die Menge. Bereits nach dem ersten Song entblößte sich Hank, der zuvor eingehüllt in eine Amerika-Weste auf der Bühne erschienen war und hüpfte den gesamten restlichen Abend mit freiem Oberkörper auf der Bühne herum, was für ein Anblick!

Weiter ging´s im Programm mit Klassikern wie „Every body loves a chubby dude“ und  „Sell your body“, sowie „Get it on“. Untermalt wurden die Pausen zwischen den Tracks von Hank´s Preisgabe seiner grandiosen Deutschkenntnisse, die sich vorwiegend auf den Gebrauch von Kraftwörtern beschränkte. So fand ich mit auf einmal inmitten einer springenden Menge wieder, die mit großer Freude das "Synonym für das weibliche Geschlechtsteil" in Richtung Bühne feuerte. Natürlich durften die homosexuellen Anspielungen in bezug auf diverse Bandmitglieder, sowie obszöne Gesten mit Bühnenrequisiten während des Songs „I got errection“ genauso wenig fehlen, wie die Anspielung auf einen 2003 geschehenen Vorfall am Stuttgarter Flughafen: Im Sommer 2003 fand ein Sicherheitsbeamter des Flughafens bei der Band einen 45 cm langen Dolch, der angeblich zur Bühnenausstattung gehören sollte. Ein Bekannter der Band ließ sich daraufhin verhaften und wurde später gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Aus diesem Grund fehlt der obligatorische Schuss in Richtung der Gesetzeshüter auf keinem Konzert. Obwohl Turbonegro mit „Retox“ ein aktuelles Album am Start haben, beschränkten sie sich während des kurzen Gigs hauptsächlich auf alte Klassiker und machten nur beiläufig Werbung für ihr aktuelles Album.

Nach zwei kurzen, kreativen Pausen während der Show und dem abfeiern diverser Hits, wie  „Sailor Man“ oder „The age of Pamparius“, war die mehr oder weniger emotionsgeladene Show gegen 21.45 auch schon wieder beendet! Insgesamt war der Auftritt der Norweger eine runde Sache, besonders die gute live-Umsetzung der Songs ist heutzutage ja eine Seltenheit! Für meine Geschmack war der Gig allerdings etwas zu kurz und wenig spektakulär, oder zumindest nicht das, was man von einer Band mit einer solchen Geschichte erwartet. Teilweise wirkten Hank und Co etwas unmotiviert und spulten ihr Programm ohne bemerkenswerte Highlights ab. Da konnte leider auch die tatkräftige Unterstützung durch die, teilweise weit angereiste, Turbojugend nicht mehr helfen. Hierzu kann ich mir eine kleine background-Info nicht verkneifen: Abgesehen davon, dass sich die homosexuellen Anspielungen in dem Logo der Turbojünger wiederfinden, ist es übrigens verboten, die „Kutte“ (offizielle Jacke der Turbojugend) zu waschen. Eine Ausnahme wird gewährt, wenn diese durch Erbrochenes verunreinigt wurde. Auch in diesem Fall darf das gute Stück nur mit lauwarmem Wasser und einer Bürste behandelt werden. Außerdem ist es quasi „Vorschrift“ in voller Turbojugend-Montur bei einem Konzert aufzutreten, soviel dazu!

Wer jetzt Lust bekommen hat, die mehr oder weniger skandalträchtige Band live zu sehen, kann die Tourdaten und alles weitere unter www.turbonegro.com einsehen!   

 

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